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17.MAI 2001
BGH-Entscheidung im Streit um "mitwohnzentrale.de"
Gattungsbezeichnungen als Domain-Namen zulässig
Der unter anderem für das Wettbewerbs-
und Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat in einer grundsätzlichen Streitfrage über die Vergabe
und Verwendung von Domain-Namen entschieden und die verbreitete Übung,
Gattungsbegriffe als Internet-Adresse zu verwenden, als rechtmäßig
anerkannt. Die Entscheidung zeigt jedoch andererseits auch, dass dieser
Praxis auch Grenzen gesetzt sind.
Der beklagte Verband, in dem unter anderem
25 deutsche Mitwohnzentralen organisiert sind hatte sich den Domain-Namen
"Mitwohnzentrale.de" registrieren lassen. Auf der Homepage
sind die Mitglieder nach Städten geordnet mit Telefon- und
Faxnummern sowie mit E-Mail-Adressen aufgeführt. Dagegen wandte
sich ein konkurrierender Verband, in dem 40 Mitwohnzentralen organisiert
sind und der im Internet unter "HomeCompany.de" auftritt.
Gattungsbegriffe und Branchenbezeichnungen - so dieser klagende
Verband - seien im Internet freizuhalten. Der Begriff "Mitwohnzentrale"
habe sich als übliche Branchenbezeichnung für die Kurzzeitvermietung
von Wohnraum durchgesetzt und dürfe nicht von einem Wettbewerber
monopolisiert werden. Außerdem sei die Bezeichnung "Mitwohnzentrale.de"
irreführend, weil sie den Eindruck erwecke, man finde dort
das Angebot sämtlicher Mitwohnzentralen.
Vor dem Landgericht und Oberlandesgericht
Hamburg hatte der Kläger Erfolg. Der beklagte Verband wurde
verurteilt, die Verwendung des Domain-Namens "Mitwohnzentrale.de"
ohne unterscheidende Zusätze zu unterlassen. Das OLG Hamburg
stellte sich auf den Standpunkt, die Verwendung von Gattungsbezeichnungen
als Domain-Namen sei unlauter und daher generell nach § 1 UWG
verboten. Der Beklagte fange mit seinem Domain-Namen den Teil der
Interessenten ab, die durch Eingabe eines Gattungsbegriffs als Internet-Adresse
nach Angeboten suchten. Diese Kunden gelangten zufällig auf
die Homepage der Beklagten mit der Folge, dass nach anderen Wettbewerbern
aus Bequemlichkeit nicht mehr gesucht werde und ein Leistungsvergleich
unterbleibe. Dies führe zu einer erheblichen Kanalisierung
der Kundenströme in Richtung auf die Homepage der Beklagten
und könne eine nachhaltige Beeinträchtigung des Wettbewerbs
zur Folge haben.
Der Bundesgerichtshof ist dieser Argumentation
nicht gefolgt. Vielmehr hat er mit seiner Entscheidung die verbreitete
Übung, Gattungsbegriffe als Internet-Adresse zu verwenden,
als rechtmäßig anerkannt. Das beanstandete Verhalten
paßt - so der BGH - in keine der Fallgruppen, die die Rechtsprechung
zur Konkretisierung des Verbots von "Handlungen, die gegen
die guten Sitten verstoßen" (§ 1 UWG) entwickelt
hat, und gibt auch keinen Anlaß zur Bildung einer neuen Fallgruppe.
Allein mit dem Argument einer Kanalisierung der Kundenströme
lasse sich eine Wettbewerbswidrigkeit nicht begründen. Ein
Abfangen von Kunden sei nur dann unlauter, wenn sich der Werbende
gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt,
um diesem eine Änderung des Kaufentschlusses aufzudrängen.
So verhalte es sich hier aber nicht. Denn mit der Verwendung des
Gattungsbegriffs habe der Beklagte nur einen sich bietenden Vorteil
genutzt, ohne dabei in unlauterer Weise auf bereits dem Mitbewerber
zuzurechnende Kunden einzuwirken. Das vom OLG Hamburg herangezogene
Freihaltebedürfnis - Gattungsbegriffe dürfen nicht als
Marke eingetragen werden - sei hier nicht berührt. Denn die
Internetadresse des Beklagten führe anders als die Marke nicht
zu einem Ausschließlichkeitsrecht. Der Kläger und andere
Wettbewerber seien nicht gehindert, in ihrer Werbung oder in ihrem
Namen den Begriff "Mitwohnzentrale" zu verwenden. Schließlich
liege - abgesehen von einer möglichen Irreführung - auch
keine unsachliche Beeinflussung der Internet-Nutzer vor. Ein Verbraucher,
der den Einsatz von Suchmaschinen als lästig empfinde und statt
dessen direkt einen Gattungsbegriff als Internet-Adresse eingebe,
sei sich im allgemeinen über die Nachteile dieser Suchmethode,
insbesondere über die Zufälligkeit des gefundenen Ergebnisses,
im klaren.
Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt,
dass die Zulässigkeit der Verwendung von beschreibenden Begriffen
als Domain-Namen auch Grenzen habe. Zum einen könne sie mißbräuchlich
sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungsbezeichnung unter
einer Top-Level-Domain (hier ".de") nutzt, sondern gleichzeitig
andere Schreibweisen oder die Verwendung derselben Bezeichnung unter
anderen Top-Level-Domains blockiert. Zum anderen dürfe die
Verwendung von Gattungsbezeichnungen nicht irreführend sein.
Dieser zweite Gesichtspunkt führte hier dazu, dass die Sache
an das Oberlandesgericht zurückverwiesen wurde. Der Kläger
hatte nämlich auch beanstandet, dass die Verbraucher durch
die Internet-Adresse des Beklagten irregeführt würden,
weil der Eindruck entstehe, es handele sich beim Beklagten um den
einzigen oder doch um den maßgeblichen Verband von Mitwohnzentralen.
Das OLG muss nun diesem Vorwurf der unzutreffenden Alleinstellungbehauptung
nachgehen. Sollte es eine Irreführung bejahen, wäre dem
Beklagten zum Beispiel aufzugeben, "Mitwohnzentrale.de"
nur zu benutzen, wenn auf der Homepage darauf hingewiesen wird,
daß es noch andere Verbände von Mitwohnzentralen gibt.
Urteil: |
Bundesgerichtshof, I ZR 216/99 (Urteil
im Volltext) |
Datum: |
17.
Mai 2001 |
Quelle: |
Pressemitteilungen
des Bundesgerichtshofs |
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